Hütten-Trekking von Brixen nach Meran
Südtirol – Italien
Dieser Wanderbericht befindet sich auch in der WanderPost 13
Mit Freunden vom Hamburger Alpenverein war ich im Jahr 2020 in zwei Etappen auf einer Alpenüberquerung von Rosenheim bis nach Brixen unterwegs. Im Anschluss der zweiten Etappe habe ich mir noch etwas Zeit genommen und bin zusammen mit meinem Freund Frank weiter gewandert. Da geplant ist, die Alpenüberquerung von Brixen aus bis zum Gardasee, also südwärts, in 2021 fortzusetzen, haben wir uns überlegt, dass wir etwas Anderes ausprobieren wollen. Dabei kam heraus, dass wir immer die grandiosen und markanten Berge der Dolomiten vor Augen, westwärts nach Meran gewandert sind.
Tag 01 von Brixen (Tils) zur Radlseehütte (24.08.2020)
Einen Pausentag haben wir uns in Brixen nicht gegönnt. Dafür sollte dieser erste Tag einigermaßen entspannt sein. So entschieden wir uns, so weit wie möglich auf den Höhen zu starten. Als Mittel zum Zweck war dafür ein Taxi die erste Wahl. Das Wetter hatte mitgespielt und somit hatten wir einen guten Einstieg beim Perlunger Hof, der etwas oberhalb von dem Örtchen Tils liegt (bis zu dem auch ein Linienbus verkehrt). Bereits nach wenigen Höhenmetern hatten wir das erste Mal tolle Aussichten auf die Dolomiten. Diese sollten uns die nächsten 4 Tage unentwegt begleiten. Heute wandern wir überwiegend aufwärts und sehr schön durch viel Zirbenwald, diesem herrlichen gesundheitsfördernden Nadelgehölz. Erst auf über 2.000 m Höhe sind wir in der waldfreien Zone.
Von hier oben können wir auch noch einmal zurück ins Tal nach Brixen schauen.
Nach gut drei Stunden hatten wir die Radlseehütte erreicht und belegten unser reserviertes Zweibett-Zimmer. Am Nachmittag zieht es sich immer mehr zu und bei Gewitter und strömenden Regen kommt noch ein Ehepaar mit ihrer jugendlichen Tochter vom Tal herauf. Es blieb bei fünf Übernachtungsgästen Die Coronazeit hinterlässt auch hier ihre Spuren.
Tag 02 von der Radlseehütte zur Stöffl Hütte (25.08.2020)
In der Nacht hat es sich ausgeregnet und wir sind froh, dass wir uns unbeschwert auf den Weg machen können. Jetzt ist wieder „Kurze Hosen Wetter“. Bei diesem Wetter und 14 km, mit 600 m aufwärts und 800 m abwärts verspricht es ein idealer Wandertag zu werden. Wir genießen das Auf und Ab und die herrlichen Dolomitenblicke. Nach knapp zwei Drittel der Wegstrecke kommen wir zum Latzfonser Kreuz mit Kirche und der Latzfonser Hütte. Dort herrschte Hochbetrieb. Einerseits ist sie gut, direkt vom Tal erreichbar und andererseits ein schönes Fleckchen mit der kleinen Kirche, die zum Pilgerort geworden ist. Das Beste ist jedoch der tolle Ausblick, den wir bei einer kräftigen Jause genießen können. Noch einen Aufstieg von etwa 100 m haben wir zu bewältigen. Von dann an geht es über die Villander Almen (inzwischen sind wir wieder alleine unterwegs – wo sind bloß all die Leute von der Hütte geblieben?) abwärts bis zu unserer Übernachtungshütte, der Stöffl Hütte. Heute hat das Wetter gehalten und wir können hinter Glas, vom Wind geschützt, noch auf der Terrasse verweilen und den Tag ausklingen lassen.
Tag 03 von der Stöffl Hütte zum Rittner Horn Haus (26.08.2020)
Wieder ein Bilderbuchmorgen. Der Wandertag beginnt mit einem Aufstieg durch dichte Latschenkiefernwälder. Diese werden in dieser Region geerntet und zu allerlei Produkten verarbeitet. Gut für uns. Auf diese Weise hält man unseren Pfad frei von Wildwuchs. Bald fällt unser Blick auf den lang gestreckten Sattel des Villander Berges, bis an dessen Fuß wir zunächst zum Totensee wandern. Oberhalb vom See sind geschwungene Liegebänke aufgestellt. Für uns ein willkommenes Fleckchen für eine ausgedehnte Pause.
Danach steigen wir im südlichen, etwas niederen Bereich den Sattel hinauf und sehen in der Ferne im Westen das Rittner Horn – unser Tagesziel. Um diesen Gipfel zu erreichen geht es zunächst abwärts durch Almwiesen und dann wieder steiler hinauf zu unserem Ziel. Unterwegs können wir unsere Augen kaum von dem Dolomitenpanorama im Süden los lassen. Dieser Blick wird oben vom Rittner Horn aus noch getoppt. Dazu hatten wir einen genialen Sonnenuntergang und die Hütte für uns alleine. Wanderer, was willst Du mehr?
Tag 04 vom Rittner Horn nach Sarnthein im Sarntal (27.08.2020)
Heute soll es unsere Königsetappe werden. Bevor wir starten genießen wir noch in Ruhe den Sonnenaufgang und das Frühstück. Unsere Tour geht zunächst den letzten Aufstieg vom Vortag hinunter um nach der Senke über Weidenflächen Richtung Sarner Scharte aufwärts zu steigen. Das Gelände wird, sobald wir die Alm verlassen rauer. Lange haben wir die Scharte mit dem Biwak vor Augen. Bis wir oben sind zieht es sich hin. Wir sind gespannt, wie es auf der anderen Seite ausschaut. Auch hier erneut ein toller Blick. Unter uns liegt das Sarntal mit dem Ort Sarnthein (unser Tagesziel). Oberhalb die Ausläufer der Sarntaler Alpen und dahinter das Meraner Land.
Steil geht es in Serpentinen hinunter – 1.400 Höhenmeter abwärts sind nun zu bewältigen. Wir sind froh, dass wir uns ziemlich genau nach der Hälfte in der hübsch gelegenen Tengler Alm eine Pause gönnen können. Der weitere Abstieg verläuft viel durch Wald. Beim Schloss Reinegg genießen wir mit schönem Ausblick noch einmal das gute Wetter und den wunderbaren Tag. Sarnthein stellt sich für uns als ein netter Ort, der einen Besuch auf jeden Fall wert ist. Alte gepflegte Häuser, einige Geschäfte, Restaurants und Hotels. Sicher auch etwas um einige Tag abseits der Rummelplätze zu verweilen. Wir genießen den Luxus eines Hotelzimmers (Hüttentour!?) und ein hervorragendes Abendessen in einem Biergarten eines Lokals in der Ortsmitte.
Tag 05 von Sarnthein zur Meraner Hütte / Kesselberghaus (27.08.2020)
Es zeichnete sich schon am Abend ab und der Wetterbericht sollte Recht behalten. Vorbei mit dem tollen Wanderwetter. Regenschauer und Wolken bis ins Tal. Die Vorhersage war knallhart und man prophezeite uns sintflutartige Regenfälle. Plan A war der Aufstieg auf den Schöneck-Gipfel mit den sagenumwobenen Stoanerne Mandl’n. Das würde uns vermutlich ins Unheil führen, da wir vor der Wetterverschlechterung nicht rechtzeitig zur Hütte kommen würden. Außerdem war die Sicht so schlecht, dass wir nicht wirklich viel von der Tour gehabt hätten. Somit kam Plan B zum Tragen. Zum Glück gibt es in Sarnthein die geschickte Möglichkeit durch die Nutzung von Wanderbussen die Wanderstrecken mit Blick auf die Möglichkeiten und Wetterlage zu optimieren. Somit starten wir kurz nach 9 Uhr mit einem Kleinbus und fahren das Öttenbachtal hinauf bis zum Obermacher Hof. Teilweise in den Wolken mit Nieselregen steigen wir zunächst im Wald hinauf zum Kreuzjöchl. Hier oben sind wir völlig alleine unterwegs – wen wundert es!? Von hier sind es nur noch zwei Kilometer bis zur Hütte. Wir sputen uns, denn der Wind wird stärker und die Wolken dunkler. Dann passiert es. Es schüttet auf den letzten 800 Metern aus vollen Kannen. So kommen wir klatschnass in der Hütte an. Es ist erst Mittag. So haben wir alle Zeit der Welt um es uns im Zweierzimmer gemütlich zu machen, etwas zu essen, zu trinken ein Schläfchen zu machen – richtig Urlaub. Insgesamt war die Entscheidung, heute diese alternative Wanderstrecke zu wählen, absolut die Richtige. Der Starkregen, mit Gewitter hörte bis zum nächsten Morgen nicht auf. Bis auf ein junges Pärchen, die auf der Hufeisenrunde unterwegs waren, waren keine weiteren Übernachtungsgäste auf der Hütte.
Tag 06 von der Meraner Hütte nach Meran (28.08.2020)
Unseren letzten Wandertag hatten wir uns völlig anders vorgestellt. Immer noch total schlechtes Wetter. So musste die geplante Berggipfeltour für diesen Tag ausfallen. Was soll es? Beklagen tun wir uns nicht, hatten wir doch vier Tage perfektes Bergwetter!! Gut, dass wir es von hier aus gut einrichten können und in einer guten Stunde den Komfort einer Seilbahn genießen können. Mehr als 1.000 m weiter unten erwartet uns schon ein Linienbus. Noch eine halbe Stunde und Meran im Regen ist erreicht. Unser Zimmer in der Jugendherberge hat Hüttencharakter.
Den Nachmittag sind wir mit Regenschirm in Meran und auf halber Höhe von Meran unterwegs. Es gibt viel zu schauen. Mehr als unsere Zeit es erlaubt. Am nächsten Morgen soll uns der Flix-Bus nach München bringen. Die Flüsse haben bedrohliches Hochwasser. In München angekommen erfahre ich, dass am Nachmittag die Brennerautobahn wegen Überflutung teilweise gesperrt werden musste.
Noch einmal Glück gehabt –aber das gehört dazu. Alles gut gelaufen – vor Allem wir – in den Bergen!!
Euer Rüdiger